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Einfluss der Elektromobilität und Fahrerassistenzsysteme auf Kfz-Versicherungsschäden

Das Allianz Zentrum für Technik (AZT) hat in Zusammenarbeit mit dem Gesamtverband der Versicherer (GDV) eine umfassende Studie durchgeführt, um den Einfluss der Elektromobilität und der zunehmenden Verbreitung von Fahrerassistenzsystemen (FAS) auf das Schadengeschehen bei Kfz-Versicherungsschäden in Deutschland zu untersuchen.

(Quelle: Copilot)

 

Juli 2025

 

Die Studie analysierte Vollkasko-Kollisionsschäden der Allianz Versicherungs AG aus dem Jahr 2023 und verglich 450 Schadenfälle von reinen Elektrofahrzeugen (BEV) mit 450 Fällen von Benzinfahrzeugen.  

Um systemische Effekte wie das Fahrzeugalter und das Fahrzeugsegment zu neutralisieren, wurden spezifische vom GDV definierte Fahrzeugpaare mit konventionellem und rein elektrischem Antrieb ausgewählt und miteinander verglichen. Falls möglich wurden zudem ältere und neuere Modelle inkludiert, um eine Weiterentwicklung und größere Verbreitung der Assistenz-Systeme aufzugreifen. 
 

Systematik und untersuchte Fahrzeugmodelle

 

Die Untersuchung zeigt, dass Elektrofahrzeuge im Vergleich zu Benzinfahrzeugen höhere Arbeits- und Ersatzteilkosten aufweisen, während die Lackierkosten vergleichbar sind. Ein wesentlicher Treiber für die höheren Arbeitskosten bei BEV ist die Wahl der Werkstatt. Elektrofahrzeuge werden in 58 % der Schadenfälle in Vertragswerkstätten repariert, während Benziner nur in 48 % der Fälle dort repariert werden. Im Gegenzug gehen E-Fahrzeuge mit 32 % seltener in freie Werkstätten als Benziner (48 %). Dies ist deswegen relevant, weil Vertragswerkstätten in den untersuchten Schäden unabhängig von der Antriebstechnologie ca. 50 % höhere Stundenverrechnungssätze nehmen, als freie Werkstätten.  

Analysiert man die höheren Ersatzteilkosten bei Elektrofahrzeugen, zeigt sich, dass der Haupteinflussfaktor der Ersatz von Hochvolt(HV-)Komponenten - besonders der Antriebsbatterie - ist. Bei den BEV beträgt der Anteil der HV-Komponenten 7 % der Gesamtersatzteilkosten, bei einzelnen Modellen jedoch sogar bis zu 20 %. Im Rahmen der Studie wurden für eine bessere Vergleichbarkeit für die Benzinfahrzeuge vergleichbare Antriebskomponenten wie bspw. Katalysator und Tank definiert. Diese machten aber nur 1 % der Gesamtersatzteilkosten aus.

 

Beschädigte Antriebskomponenten

 

Getrieben werden die hohen Kosten für HV-Komponenten vor allem durch die Hochvoltbatterie, die zwar sehr selten beschädigt wird, aber im Schadenfall sehr hohe Kosten verursachen kann. 

Fahrerassistenzsysteme tragen ebenfalls erheblich zu den Ersatzteilkosten bei E-Fahrzeugen bei. Der Anteil der FAS-Sensoren an den Ersatzteilkosten beträgt bei den BEV 5 %, im Vergleich zu 3 % bei Benzinfahrzeugen. Bei E-Fahrzeugen wird in 15 % der Schadenfälle mindestens ein FAS-Sensor ersetzt. Gerade die sehr teuren Frontradarsensoren werden bei E-Fahrzeugen mehr als doppelt so häufig ersetzt wie bei Benzinfahrzeugen. Jedoch gibt es auch hier große Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen. So kann ein Frontradarsensor je nach Fahrzeugmodell zwischen 300 und 3.000 € kosten.  

Gleichzeitig können Fahrerassistenzsysteme erfolgreich Unfälle verhindern. Aufgrund der Anzahl an untersuchten Schäden und der Vielzahl an Fahrzeugmodellen lassen sich nicht für alle Assistenzsysteme eindeutige Aussagen treffen. Es lässt sich jedoch ein Trend hin zu weniger schweren Schäden bei neueren, besser ausgestatteten Fahrzeugen erkennen. Am deutlichsten zeigt sich dies beim Frontnotbremsassistenten, der gerade im direkten Vergleich eindeutig zu weniger Auffahrunfällen führt. 

LED-Scheinwerfer sind ein weiterer wesentlicher Kostentreiber. Der Anteil der Scheinwerfer an den Ersatzteilkosten beträgt bei beiden Fahrzeugtypen jeweils 7 % und ist somit höher als der Anteil, den die FAS-Sensoren ausmachen. LED-Scheinwerfer sind mit im Durchschnitt 1.250 € für einen Scheinwerfer deutlich teurer als Halogen-Scheinwerfer mit 280 €. 

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Elektrofahrzeugen die Werkstattwahl und seltene, aber teure Schäden an der Hochvoltbatterie der Hauptgrund für die höheren Schadenkosten sind.  

Gleichzeitig zeigt sich, dass mit steigender Produktvielfalt pauschale Aussagen zu Elektrofahrzeugen immer schwieriger werden. Zukünftig wird eine detaillierte Analyse auf Modellebene nötig sein.  

Die zunehmende Verbreitung von Fahrerassistenzsystemen und LED-Scheinwerfern wird unabhängig von der Antriebsart die Ersatzteilkosten weiter steigen lassen, wobei FAS auch effektiv Unfälle verhindern können. Diese Erkenntnisse helfen sowohl dem AZT als auch dem GDV, die zukünftige Entwicklung im Bereich der Kfz-Schäden besser einschätzen zu können.