Juni 2022
Im Frühjahr fehlt bei vielen Motorradfahrern nach langer Abstinenz die erforderliche Fitness, um sicher auf der Straße unterwegs zu sein. Mit Saisonstart steigt zudem das Verkehrsaufkommen in den Freizeitregionen und damit die Unfallgefahr. Auf die Wintermonate Dezember 2020 bis Februar 2021 entfielen 5 Prozent der getöteten und 6 Prozent der schwer verletzten Motorradfahrer der zwölf Monate Dezember 2020 bis November 2021. In den Frühjahrsmonaten März bis Mai 2021 sprang der Anteil auf 25 Prozent, bei Getöteten wie Schwerverletzten. Mit dem Start in den Sommer im Juni steigt die Gefahr nochmal deutlich. 2309 Unfällen mit Personenschaden unter Beteiligung von Motorradfahrenden notierte der Mai, 3396 der Juni 2021.
Unfälle oft ohne Unfallgegner, Motorrad-Sicherheitsfunktionen noch zu wenig populär
Mit über 50 Prozent aller getöteten Zweiradfahrer bleiben Motorradfahrer die Sorgenkinder des Zweiradverkehrs. Zur Opferbilanz tragen überdurchschnittlich viele Alleinunfälle bei.
35 Prozent der Motorradunfälle mit Personenschaden ereignen sich ohne Beteiligung eines Dritten. In 56 Prozent sind Motorradfahrer Hauptverursacher. Über 40 Prozent aller Getöteten bei Motorradunfällen (Biker und Unfallgegner) begründen sich dadurch, dass die Biker die Kontrolle über ihr Fahrzeug ohne Zutun anderer Verkehrsteilnehmer verlieren (Fahrunfälle). Diese Gefahr kann durch Antiblockiersysteme gemindert werden.
Das Allianz Zentrum für Technik analysierte für seine Zweiradstudie 500 zufällig ausgewählte Motorradunfälle. Alle Schadenvarianten vom Sach- bis Personenschaden waren einbezogen. Die Analyse zeigte, dass die Motorräder nur zu einem Drittel mit ABS ausgestattet waren. Auch Kombinationsbremse und kurventaugliche ABS waren nicht oft vertreten.
Das Durchschnittsalter der Maschinen betrug über 12, das der Zweiräder ohne ABS über 20 Jahre. „Unsere Schadendaten zeigen, dass die verunfallten Motorräder im Schnitt deutlich älter sind als Pkws“, so Christoph Lauterwasser, Leiter des AZT. „Die überwiegende Nutzung der Motorräder als Freizeit- und Sportgerät bewirkt, dass die Fahrzeuge noch immer viel zu selten mit modernen Bremssystemen oder Assistenzfunktionen ausgestattet sind.“
Unfallgefahr auch innerorts, Verletzungsschwere steigt
Motorradunfälle haben jedoch nicht nur auf Landstraße und Autobahn bei hoher Geschwindigkeit gravierenden Folgen. Nach Allianz Analyse ereigneten sich 59 Prozent der Unfälle innerorts, oft Front-Heck-Kollisionen (Auffahrunfälle). Weit über 40 Prozent der Verunglückten fanden sich innerorts, darunter jeder, jede dritte Schwerverletzte. Sorge bereitet dem AZT die Verletzungsschwere der Biker. 2021 betrug laut Bundesstatistik der Anteil der Schwerverletzten an allen Verunglückten (das ist getötet plus schwer- plus leichtverletzt) 33 Prozent. Bei Krafträdern mit Versicherungskennzeichen und bei Fahrrädern waren es je 18 Prozent. „Unsere Studie zeigt, dass die Schwerverletztenrate nur beim Motorrad seit 20 Jahren steigt. Die Ursachen bedürfen dringend der näheren Untersuchung“, so Unfallforscher Jörg Kubitzki.
Für die Auswertung analysierte das AZT mit Oliver Braxmeier von der Hochschule Coburg 500 zufällig ausgewählte Allianz Krafthaftpflicht-Schadenakten von Motorradunfällen. Die offizielle Pressemeldung finden Sie unter Viele Motorräder ohne moderne Sicherheitstechnik | Allianz. Die gesamte AZT Studie „Zweiradsicherheit im Überblick“ mit weiteren Daten zum Motorradunfallgeschehen sind dieser AZT Homepage unter dem Stichwort Verkehrssicherheit zu entnehmen.