Presseinformation
Abschleppen von Fahrzeugen mit Hochvolt-Systemen
Presseinformation der Allianz Versicherungs AG zu der Handlungsempfehlung „Leitfaden für das Abschleppen von Fahrzeugen mit Hochvolt-Systemen“
Dezember 2025
Unsicherheiten dominieren den Umgang nicht nur mit intakten, sondern insbesondere bei beschädigten Autos mit Elektroantrieb
- Versicherer sehen erhöhte Kosten infolge unklarer Kriterien und langer Standzeiten
- Interessengruppen nutzen Unsicherheit für überhöhte Maßnahmen und Rechnungen beim Abschleppen aus
- Allianz begrüßt die Aktivitäten des VDA zur Verbesserung der Situation
Die öffentliche Wahrnehmung der Elektromobilität wird häufig durch Medienberichte beeinflusst, die über Vorfälle wie Brände bei Elektrofahrzeugen oder Feuer auf Autotransportschiffen berichten. Diese Berichterstattung kann manchmal fälschlicherweise den Eindruck erwecken, dass Elektroautos ein erhöhtes Risiko darstellen.
Die Unfallforschung der Allianz hat in der Vergangenheit trotz noch geringer Population immer wieder das echte Schaden- und Brandverhalten der Elektroautos mit objektiven Zahlen aus dem Schadengeschehen der Allianz Kraftfahrtversicherung belegt.
Dabei fiel auf, dass Abschleppkosten und Quarantäne-Zeiten bei verunfallten Elektroautos teils sehr hoch waren. Technische Begründungen konnten dafür nur in wenigen Fällen erkannt werden. Regelmäßig kam es bspw. vor, dass Abschlepper Fahrzeuge auf ihr eigenes Gelände schleppten und danach eine Herausgabe wegen nicht näher belegter Sicherheitsbedenken verweigerten. Richtig wäre der Transport in eine Fachwerkstatt gewesen.
Ungewöhnliche Rechnungsposten wie z.B. die Vorbesprechung vor einem Transport in Höhe von ca. 1.700 € oder die kostenpflichtige Beistellung von Sanitätern oder die teure zusätzliche Verrechnung sogenannter „Batterieexperten“ bereichern das Portfolio und lassen darauf schließen, dass hier entweder unqualifiziert gearbeitet oder ein Geschäftsmodell zulasten der Versichertengemeinschaft betrieben wird.
Eine nicht repräsentative Auswertung von 126 Abschlepprechnungen aus dem Jahr 2023 ergab bereits deutliche Hinweise auf Überteuerung. Besonders auffällig waren Mitglieder der GGVU „Gütegemeinschaft Verkehrsunfallflächenreinigung und Unfallstellensanierung e.V.“, welche überwiegend im teuren Bereich des Rechnungsspektrums vertreten waren. Dementsprechend wurden der Allianz hier im Durchschnitt 4.861 € berechnet, während der Durchschnitt aller anderen Rechnungen 2.442 € betrug, also die Hälfte. Unter den zehn günstigsten Rechnungen fand sich genau ein Mitglied dieser Gütegemeinschaft, unter den zehn teuersten Rechnungen dagegen acht GGVU Mitglieder.
Die Überprüfung der nicht repräsentativen Daten ergibt für 2025, dass beim Abschleppen von Elektrofahrzeugen im Durchschnitt fast genau das Doppelte im Vergleich mit konventionellen Antrieben berechnet wird.
Um diese Befunde zu verifizieren, wurde durch das Allianz Zentrum für Technik auf Basis aller Vollkasko-Kollisionen aus 2024 mit Batterie-elektrischen Fahrzeugen (BEV) eine erneute Betrachtung vorgenommen. Hier fielen insgesamt 84 Schadenfälle mit Abschleppvorgang inkl. Rechnung an, von denen 81 auswertbar waren. Es zeigen sich weiterhin extreme Unterschiede in der Handhabung der E-Fahrzeuge:
In zwei Fällen wurde ein sogenannter „Batterieexperte“ eingesetzt, hier beliefen sich die Kosten im Mittel auf 13.984 €. In einem dieser beiden Schadenfälle findet sich der höchste Betrag, der geltend gemacht wurde, nämlich 19.217 €. Dieser Fall ist insofern ein gutes Beispiel, als hier der sogenannte „Batterieexperte“ einen kritischen Zustand aus dem beschädigten Unterboden mit einem Kratzer an der Hochvoltbatterie ableitete, nachdem das Auto bei niedriger Geschwindigkeit von der Fahrbahn abgekommen und im Graben gelandet war.
Nur noch in drei Fällen ließ sich der Abschleppbetrieb als Mitglied der GGVU identifizieren, hier wurden im Durchschnitt 5.730 € berechnet.
Alle Betriebe, die diesen beiden Gruppen nicht zuzuordnen waren, berechneten im Durchschnitt 1.093 € für das Abschleppen und die damit verbundenen Maßnahmen. Aber auch hier zeigt der Median von 488 €, dass eine breite Spreizung der Kosten vorliegt.
Nach wie vor bedarf es also einer besseren Aufklärung, die die Hersteller als Produktverantwortliche bisher nur bis in Ihre Fachwerkstätten getragen haben.
Um diese Lücke zu schließen und weil zu befürchten war, dass sich kostensteigernde Praktiken ausweiten würden, wurde im September 2024 eine Projektgruppe „Abschleppen“ des VDA gestartet, an der das Allianz Zentrum für Technik AZT wesentliche Anteile hatte. Damit ist basierend auf Regelwerken aller beteiligten Gruppen, vor allem aber unter Berücksichtigung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherer DGUV auf eine generische, nicht markengebundene Weise für die vorgelagerten Abschleppbetriebe diese Lücke geschlossen worden. Das Dokument steht auf der Website des VDA zum Download bereit: Automobilindustrie veröffentlicht Handlungsempfehlung für den sicheren Umgang mit verunfallten E-Fahrzeugen | VDA
Die Allianz unterstützt durch zahlreiche Studien, Publikationen und im Gespräch mit den Herstellern die Einführung der Elektromobilität. Daher begrüßt sie diese Klarstellung zugunsten der Prozessteilnehmer und letztendlich der Versichertengemeinschaft als wichtigen Meilenstein für die Elektromobilität in Deutschland.