Themen aus dem AZT:

Untersuchung von Wildschäden

Mit immer mehr Fahrzeugen auf deutschen Straßen und einer steigenden Wildtierpopulation, gewinnt das Thema der Wildschäden zunehmend an Bedeutung. Das AZT hat im Rahmen einer studentischen Abschlussarbeit Wildunfälle von Elektrofahrzeugen und Benzinern untersucht.

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August 2024

 

Laut dem Gesamtverband der Versicherer (GDV) ereigneten sich in Deutschland im Jahr 2022 rund 265.000 Wildunfälle mit kaskoversicherten Pkw. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl an Unfällen von nicht-kaskoversicherten Fahrzeugen.

Auffällig ist, dass Elektrofahrzeuge seit einigen Jahren im Vergleich zu anderen, etablierten Antriebsarten eine erhöhte Schadenhäufigkeit bei Wildtierunfällen aufweisen. Um dieser Frage nachzugehen und das Thema generell zu beleuchten, untersuchte das AZT Wildtierunfälle der Jahre 2021 und 2022.

Hierfür wurde eine Zufallsstichprobe von je 300 Schadenfällen von Benzin- und Elektrofahrzeugen gezogen. Die Schadenfälle wurden im Rahmen einer studentischen Abschlussarbeit ausgewertet und die Ergebnisse in einer Unfalldatenbank erfasst.

Folgende Erkenntnisse lassen sich für beide Antriebsarten ziehen:

  • Wildunfälle ereignen sich überwiegend bei Dunkelheit, entweder spätabends oder früh morgens. Häufigste Unfallzeitklasse ist der Zeitraum von 21:00 bis 23:59.
  • Wildunfälle geschehen im Schnitt 15 % häufiger an Wochentagen als an Samstagen (12 %) und Sonntagen (11,5 %).
  • In 8 % der Unfälle regnete es zum Unfallzeitpunkt, in 92 % nicht.
  • Wildunfälle ereignen sich meist außerorts (> 90 %), häufig auf Staats- und Kreisstraßen. Unfälle auf Autobahnen sind mit weniger als 5 % eher selten.
  • In knapp 80 % der Fälle waren Sichteinschränkungen am Fahrbahnrand vorhanden. Mehrheitlich handelte es sich hierbei um Bäume.
  • Mehr als 70 % der Wildunfälle entfallen auf Rehe, gefolgt von Hasen/ Kaninchen (7 %) und Wildschweinen (5 %).
  • In mehr als 90 % der Unfälle querte das Tier die Fahrbahn. Andere Bewegungsrichtungen (bspw. stehend oder entgegen der Fahrtrichtung) waren selten.
  • Die Kollision mit dem Wildtier erfolgte überwiegend frontal. Anstoßbereich war mehrheitlich das untere Drittel der Fahrzeugfront.

 

Der Vergleich der beiden Antriebsarten lieferte einige Unterschiede. Die Elektrofahrzeuge waren häufiger Kleinwagen und SUVs. Im Schnitt waren sie zudem deutlich jünger als die Benziner. Wie vorangehende Studien gezeigt haben, ist dies jedoch nicht zwangsläufig wildschadenspezifisch, sondern allgemeinen Unterschieden zwischen den Fahrzeugpopulationen geschuldet. Dasselbe gilt für die Fahrer der Fahrzeuge, welche bei E-Fahrzeugen häufiger Männer und anteilig häufiger im Alter von 31 bis 60 Jahren sind. Auffällig bei den Elektrofahrzeugen ist der hohe Anteil (>10 %) der Fahrzeuge mit einer jährlichen Laufleistung von über 25.000 km. Bei den Benzinern sind dies weniger als 2 %.
Kleinere Unterschieden finden sich zudem bei Unfallort und Unfallzeit, sowie bei der Art der Wildtiere.

Auffällig war, dass Unterschiede bei der Geräuschbewertung des ADAC der Schallemissionen von E-Autos nicht mit dem Unfallgeschehen der jeweiligen Modelle korrelieren.

Keiner dieser Aspekte liefert eine eindeutige Erklärung für die eingangs erwähnte höhere Schadenhäufigkeit der E-Fahrzeuge. Um dies zu klären, sind vertiefende Studien nötig. Hauptaugenmerk sollte hierbei auf zwei Aspekten liegen: 
1. Dem Vergleich der Wildtierpopulationen mit dem Anteil an Elektrofahrzeugen in den jeweiligen Regionen in Deutschland.
2. Der Untersuchung der Akustik von Elektrofahrzeugen und welchen Einfluss diese auf die Wahrnehmbarkeit durch Wildtiere hat. Dabei ist zu beachten, dass eine für das Gehör der Tiere adäquate Messmethode und Bewertungscharakteristik derzeit nicht existiert und erst erarbeitet werden muss.