(KI generiertes Bild)
November 2025
Mert Ulus, Carsten Reinkemeyer, David Unger
Wie hoch ist das Brandrisiko eines Elektrofahrzeugs und unterscheidet es sich von dem konventioneller Antriebe?
Das AZT ist dieser Frage nachgegangen und hat Schadenfälle batterieelektrischer Fahrzeuge (BEV) aus den Jahren 2020 bis 2024 analysiert, um das Brandrisiko fundiert einzuordnen und verbreitete Annahmen zu überprüfen. Die Analyse berücksichtigt 45 gemeldete Ereignisse, von denen 20 als echte Fahrzeugbrände bestätigt wurden. Fälle ohne Feuerentwicklung im oder am Fahrzeug, z.B. Brände der Reifensätze im Lager, wurden ausgeschlossen.
Brandrisiko
Die Analyse zeigt, dass die technischen Mechanismen, die zu einem Brand führen können, bei Elektrofahrzeugen denselben Prinzipien folgen wie bei konventionellen Antrieben. Fehlerströme, Korrosion, erhöhte Übergangswiderstände oder Lichtbogenbildungen sind bekannte Phänomene der Fahrzeugelektrik. Demgegenüber verfügen die bei Elektroantrieben zusätzlich vorhandenen modernen Hochvoltsysteme über umfangreiche Schutzmaßnahmen, die kritische Zustände frühzeitig erkennen und eingrenzen sollen. Risiken wie austretende Kraftstoffe existieren dagegen bei BEVs nicht. Auch im Vergleich mit Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor wurden in der Studie keine spezifischen brandtechnischen Nachteile für batterieelektrische Fahrzeuge erkennbar. Tatsächlich stellte sich die relative Brandhäufigkeit im Vergleich als niedriger heraus, auch bei Betrachtung vergleichbar junger konventioneller Fahrzeuge.
Brandursachen: Wie kam es zu den Bränden?
Ein zentrales Ergebnis ist die deutliche Dominanz externer Faktoren. In vielen Fällen griffen Brände aus der Umgebung auf das Fahrzeug über, etwa von Gebäuden, Carports oder benachbarten Fahrzeugen. Solche Szenarien traten häufiger auf als vielfach angenommen und prägten das Schadenbild spürbar. Auch Brände durch Brandstiftung wurden identifiziert. Technisch verursachte Brände waren dagegen vergleichsweise selten. Wenn im Fahrzeug selbst ein Defekt vorlag, betraf dieser vor allem herkömmliche elektrische Komponenten wie Steuergeräte, Relaismodule oder Leistungselektronik. Die Hochvoltbatterie war nur in Ausnahmefällen beteiligt. Wenn die Brandursache in der HV-Batterie lag, dann infolge elektrischer Defekte wie z.B. Isolationsfehlern. Das oft befürchtete thermische Durchgehen der Zellen wurde lediglich bei einem nicht serienmäßigen Umbau vermutet.
Brandrisiko nach Kollisionen und Überschwemmungen
Frühere Untersuchungen des AZT zeigen, dass bei Kollisionen der konstruktive Schutz der Hochvoltbatterie in der Regel wirksam ist und Brände infolge eines Unfalls selten auftreten. In den bekannten Fällen, bei denen Kollisionen zu Bränden führten, ging der Entzündung eine sehr tiefe Intrusion ins Fahrzeug voraus, z.B. bei Baumkollisionen, die Deformationen bis deutlich in den Fahrzeuginnenraum hinein verursachten. Auch Überflutungen wurden untersucht. Die in Deutschland dokumentierten Fälle mit Süßwasser führten zu keinem einzigen gemeldeten Brandereignis. Aus technischer Sicht ergeben sich Risiken primär bei länger andauernder Salzwassereinwirkung, die über chemische Prozesse zu korrosiven Nebenleitern und damit zu gefährlichen Fehlerströmen führen kann. Dies erklärt einzelne verzögerte Brände, die nach Hurrikans in den USA berichtet wurden. Ein Kurzschluss durch das Wasser selbst ist aufgrund dessen überschätzter Leitfähigkeit für die leistungsfähigen Lithium-Ion-Zellen in der Regel kein Problem.
Fazit
Die Untersuchung des AZT liefert ein konsistentes Bild: Das Brandrisiko von Elektrofahrzeugen ist nicht höher als das von Fahrzeugen mit konventionellem Antrieb. Die Mehrzahl der dokumentierten Brände geht nicht auf technische Ursachen im Fahrzeug zurück, sondern auf äußere Einflüsse. Technische Defekte betreffen im Regelfall elektrische Komponenten außerhalb der Batterie. Ein Thermal Runaway ist selten und wurde in den untersuchten Schadenfällen in keinem Fall belegt. Zwar ist die Zahl der Brände bei BEV aufgrund der wachsenden Population noch gering und die Befunde daher aus statistischer Sicht noch mit Vorsicht zu bewerten. Dennoch unterstützt die Analyse eine sachlichere Diskussion über die Sicherheit der Elektromobilität und zeigt, dass verbreitete Fehlannahmen korrigiert werden müssen.